Tagungsbericht 10. Symposium des Instituts für Internationales und Europäisches Insolvenzrecht der Universität zu Köln
Am Mittwoch, den 01.09.2021 hat das Institut für Internationales und Europäisches Insolvenzrecht der Universität zu Köln zu seinem 10. Symposium eingeladen.
Nachdem das Jubiläumssymposium im Vorjahr noch der Pandemie zum Opfer gefallen war, bot sich dem hochkarätigen Teilnehmerfeld nun mit einem Jahr Verzögerung im Pullman Hotel Köln die Gelegenheit, die vollen Vorzüge einer - den Hygienevorschriften entsprechenden - Präsenzveranstaltung zu genießen und das Zusammentreffen für intensiven fachlichen und persönlichen Austausch zu nutzen.
Die inhaltlichen Akzente setzten zunächst die Vorträge der Referenten, die spannende Aspekte transnationaler Restrukturierungs- und Insolvenzsachverhalte, genauso wie grundsätzliche dogmatische Fragen des internationalen Restrukturierungs- und Insolvenzrechts zum Thema hatten. Unter Leitung des Institutsdirektors Prof. Dr. Christoph Tholeentwickelten sich im Anschluss an die Einlassungen der Referenten stets belebte und fruchtbare Diskussionen, die die Aktualität und praktische Bedeutung der besprochenen Rechtsfragen und -vergleichungen unter Beweis stellten.
Nach einer einleitenden Begrüßung durch Herrn Prof. Dr. Thole widmete sich Herr Alexander Bornemann (Ministerialrat im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz) in seinem Vortrag den rechtspolitischen Perspektiven von grenzüberschreitenden Restrukturierungen und Insolvenzen. Bornemann beschrieb zunächst noch einmal eindrücklich die Erwägungen, die den Gesetzgeber bei der Umsetzung der europäischen Restrukturierungsrichtlinie geleitet haben. Es sei insbesondere das Ziel gewesen, ein im Wettbewerb der Rechtsordnungen konkurrenzfähiges Sanierungsverfahren zu schaffen. Anschließend verwies Bornemann prospektiv auf weitergehende europäische Harmonisierungstendenzen und anstehende Evaluationen des nationalen Rechts.
Nach der sich anschließenden Diskussion wurden von den Rechtsanwälten Dr. Helmut Balthasar und Dr. Michael Schaumann (beide Görg) aktuelle Rechtsfragen bei grenzüberschreitenden finanziellen Restrukturierungen besprochen. Dabei stellten die beiden Referenten insbesondere die beratenden Gestaltungsmöglichkeiten für ein insolvenzvermeidendes Liquiditätsmanagement innerhalb einer internationalen Unternehmensgruppe dar. Insofern beschrieben sie die Konzeption und Voraussetzungen eines gruppenbezogenen Ansatzes der Liquiditätsprüfung bei einer einzelnen Gruppengesellschaft.
Prof. Dr. Reinhard Bork (Universität Hamburg) berichtete sodann unter der Überschrift „Perspektiven einer Harmonisierung der Insolvenzanfechtung in Europa“ über die Ergebnisse eines von ihm aufgelegten Forschungsprojekts, das er in Zusammenarbeit mit einer Gruppe renommierter internationaler Wissenschaftler vorangetrieben hat. Borkunterstrich dabei das Anliegen der Forschungsgruppe, nicht zuvörderst eine wertende Betrachtung der einzelnen nationalen Regelungen vorzunehmen, sondern ergebnisoffen nach übereinstimmenden anfechtungsrechtlichen Grundprinzipien zu forschen, die schlussendlich Grundlage für das der Kommission vorgeschlagene Modellgesetz sein sollten.
Borks Vortrag folgte der von Advocaat Lucas Kortmann (RESOR) aus den Niederlanden, der den Teilnehmern das „WHOA“ (auch „Dutch scheme of arrangement“) präsentierte, um sodann die nach seiner Ansicht bestehenden Vorzüge im Vergleich zum deutschen StaRUG besonders hervorzuheben. Außerdem verwies Kortmann darauf, dass die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit bei einem vertraulichen WHOA weit gefasst seien, was das Verfahren auch international attraktiv mache.
Rechtsanwältin Simone Schönen (Noerr) referierte zu der Organhaftung bei grenzüberschreitenden Restrukturierungen. Schönen warf die Frage auf, ob und wenn ja mit welcher Rechtsfolge sich die Durchführung eines ausländischen Restrukturierungsverfahrens (z.B. des niederländischen WHOA) auf die nationale Antragspflicht auswirkt. Im Ergebnis hält Schönen ein Fortbestehen der Antragspflicht für wahrscheinlich und begründete dies u.a. mit der Unsicherheit der Anerkennung des nicht öffentlichen Restrukturierungsverfahrens.
Der Vortrag von Prof. Dr. Moritz Brinkmann (Universität Bonn) beschäftigte sich mit Gesellschafterdarlehen im internationalen Insolvenzrecht. Die zum Teil gravierenden Unterschiede bei der insolvenzrechtlichen Einordnung solcher Gesellschafterdarlehen verliehen der Thematik laut Brinkmann ihre besondere Bedeutung. Brinkmann bekannte sich im Ergebnis im Hinblick auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung, insbesondere bei im Krisenstadium gewährten Gesellschafterdarlehen, zu einer insolvenzrechtlichen Anknüpfung.
Abschließend ergriff Prof. Dr. Christoph Thole selbst noch einmal das Wort und beschloss mit seinem Vortrag zu ausgewählten Fragen des StaRUG den offiziellen Teil der Veranstaltung. Thole diskutierte dabei insbesondere die umstrittene Frage nach der internationalen Zuständigkeit und Anerkennung eines nicht öffentlichen Restrukturierungsverfahrens. Insoweit sprach er sich gegen eine Anwendbarkeit der EuGVVO aus und stellte fest, dass die verfahrensrechtliche Anerkennung im Einzelfall nach autonomem Recht zu untersuchen sei.
Das Ende seines Vortrags nutzte Thole sodann für die Einleitung eines Schlussworts, in dem er sich bei den Mitgliedern des Fördervereins des Instituts für deren Unterstützung und den TeilnehmerInnen für ihr Erscheinen und die angeregten Diskussionen bedankte.